Mein Bus kam bereits um 4:30 Uhr in Iquique an. Als erstes wollte ich meine Weiterfahrt nach La Paz organisieren, das entsprechende Office öffnet allerdings erst um 7 Uhr. So verbrachte ich die 2.5 Stunden auf einer Wartebank. Als ich mich dann kurz nach 7 Uhr im Morgengrauen auf den Weg (vier Blocks Entfernung) machen wollte, fragte ich zur Sicherheit nochmals einen Angestellten nach der Richtung. Er bestätigte die Route, meinte aber: "No te vayas ahora, es demasiado peligroso. Esperate por lo menos 30 minutos hasta que esté más claro" (Geh noch nicht, zu gefährlich, warte bis es heller wird) meinte er und - falls ich es noch nicht kapiert haben sollte - fügte er an "Te matan!" (die bringen dich um), während er mit dem Finger horizontal der Kehle entlang fuhr. Das kam ziemlich unerwartet, seit Rio de Janeiro haben mich keine solchen Gedanken mehr beschäftigt. Etwas eingeschüchtert setzte ich mich wieder auf die Wartebank und nahm eine Dreiviertelstunde später bei vollem Tageslicht nochmals einen Anlauf... alles verlief reibungslos ;) es war zwar kein Terminal, sondern eher ein Ticket-Bazar mit dutzenden von aneinandergereihten Ständen und natürlich (s. nächster Absatz) alle geschlossen, doch ich fand eine Telefonnummer und im Gespräch wurde mir für den nächsten Tag auf 12 Uhr ein Bus zugesichert. Ich stellte fest, dass an diesem Tag der sogenannte "censo" stattfand, die chilenische Volkszählung. Ein landesweiter Prozess, alles - wirklich alles ausser Unterkünfte und ÖV - bleibt geschlossen und die Menschen haben zuhause zu bleiben. Staatliche Kontrollpersonen kommen dann vorbei und man füllt gemeinsam ein Formular aus - je nach Herkunft oder sozialem Stand ein anderes Papier. Falls nicht zuhause oder fälschlicherweise das Geschäft trotzdem geöffnet: 70'000 Pesos Busse = ca. CHF 110 oder ein Drittel des Mindesteinkommens in Chile. Eine Kontrollperson deckt ca. 50 Einwohner ab, man stelle sich mal den administrativen Aufwand vor bei 18 Millionen Chilenen. Diese Details zum censo verriet mir ein Chilene am Terminal, ich hoffe ich habe korrekt mitgeschnitten. Irgendwie erinnerte mich die Übung an die Sonntagsschule und König Herodes. Wie auch immer: zum Glück hatte ich in San Pedro vorgesorgt und genügend Reiseprofiant beschafft 👌🏻 Auf dem Marsch durch Iquique überraschte mich der starke Fischgeruch im praktisch gesamten Ort (immerhin 150'000 Einwohner gross), war ich mir seit Puerto Madryn auch nicht mehr gewohnt. Und die Tsunami-Warnschilder, die an die starken Erdbeben erinnern, welche die Region immer wieder heimsuchen. Ich ging möglichst auf direktem Weg an den Pazifik. Die Bedingungen - windig und bewölkt - waren noch nicht so wirtlich für einen Schwumm, aber mit Fingerspitzen berührt hatte ich den Ozean schon mal... leider hatte ich beim Foto die pazifischen Wellen unterschätzt und den rechten Schuh voll rausgezogen ;) Am Nachmittag meinten es Pachamama und Petrus dann wieder gut und ich konnte viel Vitamin D, Ruhe und Meeressalz tanken. Auch der seit Boiçucanga herbeigesehnte Sonnenuntergang über dem Ozean wurde mir geschenkt. Ich konnte also beruhigt weiterreisen ;) Am Abend traf ich nochmals auf die beiden Luzernerinnen aus San Pedro und wir gönnten uns zur Feier eine Runde Heineken. Und am nächsten Morgen vor der Weiterfahrt wagte ich mich noch mit einem Bodyboard in die Wellen... es war ein ziemlicher Krampf, ein zwei halbfertige Ritte brachte ich immerhin zustande. Und ich staunte nicht schlecht, als plötzlich neben mir ein paar Seehunde ihr Können bewiesen - das sah massiv professioneller aus als bei mir ;) Zurück im Hostal bereitete mir der chilenische, surffanatische Dueño einen Banane-Mango-Hafer-Spirulina-Kraftsmoothie zu, war köstlich. Und hielt den halben Tag. Und nun alle Bilder zu Iquique:

Nach einer neunstündigen Busfahrt, während welcher sich die Landschaft ununterbrochen und drastisch veränderte (vom Pazifik durch die nordchilenische Wüste bis auf 5000 Meter über die Grenze und wieder runter durch die bolivianische Andensteppe) kam ich in La Paz an - der drittgrössten Stadt Boliviens, Regierungssitz des Landes (= nominelle Hauptstadt, aber offizielle, konstitutionelle Hauptstadt ist Sucre), auf 3600 M.ü.M., knapp 1 Mio. Einwohner, höchstgelegener Regierungssitz der Welt (höchstgelegene Hauptstadt ist Quito (2850m), knapp vor Sucre (2805m)). La Paz ist entgegen der landläufigen Meinung ein Schmuckstück einer Stadt! Dank einer tollen Walking Tour (= Stadtführung) am ersten Tag erhielt ich einen guten Überblick über das Stadtzentrum und spannende Einblicke in gruselige Brauchtümer und sonstige Skurrilitäten. Zum Beispiel erzählten sie offenherzig von den Schmuggelprozessen im alten, sehr zentral gelegenen Gefängnis in La Paz, wo es vorkommen soll, dass Päckchen mit Kokain aus dem Dach über die Mauern nach aussen fliegen, auf dem Boden liegen bleiben bis der "Richtige" sie aufheben kommt und die Polizei dabei wegschaut... oder z.B. dass bei einer Vielzahl von privaten und öffentlichen Gebäuden der Stadt im Fundament eine menschliche Leiche einbetoniert ist, als Opfer für Mutter Erde. Absurd: Die Menschenopfer werden von Schamanen handverlesen, meist sollen es Obdachlose sein, die vom Schaman einen 96-prozentigen Alkohol untergejubelt bekommen, der sie bis zur Zeremonie betäubt, wo sie dann bei noch lebendigem Leibe in ein Loch geworfen und eben mit Zement zugedeckt werden. Auch plauderten die Guides aus dem Nähkästchen, was die zahlreichen Fettnäpfchen vom jetzigen Präsidenten Evo Morales angeht... z.B. wurde er von einem Journalisten gefragt: "Welches ist dein Lieblings-Fussballclub von Spanien?", Morales: "Real Madrid", Journalist: "Und weltweit?", Morales: "Barcelona" ;) Auf jeden Fall gefiel mir die Stadt auf den ersten Blick sehr gut, ich war fasziniert von den steilen, mit Häusern gespickten Berghängen rundherum und mochte irgendwie das Stadtgefühl. Speziell lecker war der Kaffee2Go aus dem Beutel ;)

Klar: Jedes Mal, wenn die Strassen begannen etwas zu steigen - und das tun sie nonstop - hatte meine Pumpe doppelt zu arbeiten und nach fünf Schritten setzten bereits erste Erschöpfungssymptome ein ;) es erging aber nicht nur mir so. Bei der Stadtführung lernte ich den Franzosen Thomas kennen und verbrachte den Rest des Tages mit ihm. Wir erkundeten weiter die Stadt und auch er hatte einiges zu schnaufen ;) so konnte ich ihn überzeugen, als Belohnung am Abend ein Schweizer Fondue zu essen. Es war köstlich – und da es in der Schweiz zeitgleich etwas schneite, fühlte ich mich fest verbunden mit der Heimat ;)

Am nächsten Tag wollte ich mir meinen Adrenalinpegel etwas aufstocken und wagte mich auf die "Routa de la Murte", bekannter als "Death Road" oder " Yungas Road". Ihren Namen hat die Strasse von zahlreichen, leider meist tödlichen Verkehrsunfällen in den vergangenen Jahrzehnten. Aufgrund ihres oft senkrecht x-dutzend Meter abfallenden, noch ohne Leitplanke gesicherten Strassenrandes stürzten viele Fahrzeuge und Menschen hinunter. Mittlerweile ist die Strasse nur noch Nebenverkehrsachse, sodass sich Touristen mit dem Fahrrad das Vergnügen geben können ;) Die Vollmontur (Downhill-Bike, Knie- und Ellbogenschoner, Overall, Handschuhe und Helm) wurde vom Organisator zur Verfügung gestellt und der Guide war absolut vorsichtig unterwegs, ich fühlte mich jederzeit sicher. Räubergeschichten anderer Gruppen von Wettrennen mit katastrophalen Ausgängen lass ich jetzt mal weg ;) Die Abfahrt (es gäbe noch aussagekräftigere Videos, aber die Internetleitungen in Bolivien lassen einen weiteren Upload nicht zu) war wirklich abenteuerlich, vor allem da es praktisch den ganzen Weg (ca. 60km und 3500 Höhenmeter) regnete... im Ziel war bis auf die Unterwäsche alles getränkt, das Gefühl erinnerte mich an Iguazú ;) doch da wir ja auf 1200m und im Dschungel landeten, gönnte ich mir vor der Rückreise nach La Paz einen tropischen Schwumm in einem Swimmingpool - leider auch bei Regen, dafür einigermassen warm ;)

Am Abend traff ich dann in allem ernst inmitten von La Paz zufällig wieder auf Thomas, wir gingen zusammen essen und ich hatte Lust auf Kino. Leider wurden nur zwei Filme ausgestrahlt, eine Komödie aus Spanien und "Rápidos y Furiosos 8"... ich entschied mich für die Komödie, aber leider war ich bis 5 Minuten vor Beginn der einzige Interessent und der Betreiber meinte, unter 5 Personen könne er nicht ausstrahlen ;) ich könne aber in den andern Film reinsitzen (startete zeitgleich) und so wurde es eben der Actionstreifen - zu meinem Death-Road-Abenteuer passte der Titel immerhin wie die Faust aufs Auge ;) Jeweils donnerstags und sonntags findet der berühmte Markt in El Alto statt, Thomas und ich wollten uns das nicht entgehen lassen und verabredeten uns dafür. Der Markt war schlicht überwältigend, an Menschengewühl, Geschmack und Lärm kaum zu überbieten. Man konnte schlicht alles finden und mir gefiel, dass es nicht die übliche Geschichte mit Magneten, Armbändeli und Schlüsselanhängern war:

Plötzlich sprach mich zwischen den Marktständen ein ca. 4-jähriges Mädchen an: "Porqué tienes los bigotes tan largos?" (Warum hast du derart lange Barthaare?) - Ich musste schmunzeln und erklärte, dass ich in den Ferien zu faul sei für regelmässiges Schneiden und es mich auch interessiert, wie es denn aussehen würde. Dann fragte ich zurück: "Porque, te parece feo?!" (Wieso meinst du, findest du's hässlich?) - kleines Mädchen: "Si!" Das Gespräch war hiermit zu Ende, ihre Botschaft hatte sie überbracht und machte sich wieder vom Acker ;) Am Montag legte ich einen Ruhetag ein, d.h. ich bewegte mich praktisch nicht. Als ich bei der Ankunft in meinem Hostal den Récéption-Computer aus der Steinzeit (unübertrieben ca. 15 jährig) entdeckte, konnte ich nicht anders als meine Hilfe anbieten. So besetzte ich den ganzen Tag den Empfang - führte oft zu witzigen Situationen, wenn mich Gäste als Mitarbeiter verstanden und ich Auskünfte geben oder Schlüssel aushändigen konnte ;) - und verbrachte den Tag damit, die alte Kiste aufzurüsten (ich fand in La Paz ein Geschäft, dass diese uralten RAM-Speicher noch im Angebot hatte und konnte so auf 1 GB aufdoppeln) und mit neuer Software (Windows 10 und Office 13, beides 32bit natürlich 🙈) zu versehen. Da ich die Idee ja bereits einen Tag zuvor am Mercado in El Alto im Hinterkopf hatte, kaufte ich an einem Stand die beiden Programme für sagenhafte 6 Bolivianos, also ca. 50 Rappen für eine Software, welche auf dem legalen Markt mehrere Hundert Franken kostet ;) Während dem Compüterlen leistete mir Silvia - die dueña des Hostals - fast ununterbrochen Gesellschaft, versorgte mich mit Tee, Empanadas und lud mich zum Abendessen in eine Pizzeria (winzig klein, aber mit Steinofen!) ein - die mit Abstand beste Pizza der letzten Monate! 😋 der Mann von Silvia holte plötzlich noch einen zweiten Computer aus der Vorratskammer, der einiges neuer war. Wir entschieden in einem Krisenstab zu dritt, diesen Vorrats-PC neu am Empfang einzusetzen und den alten als Gäste-PC umzufunktionieren. Es gab also noch etwas mehr Arbeit, zweimal Windows installieren plus Datenmigration. Kurz nach Mitternacht war ich dann soweit, zur Sicherheit hab ich Teamviewer installiert ;)

Irgendwie hatten es mir die Berge in Chile dermassen angetan, dass ich es gleich nochmals wissen wollte. In der Umgebung von La Paz gibt es einige Hügel von 6'300 - 6'500 Meter, was mich extrem reizte. Doch alle Aufstiege beinhalteten vertikale Kletterpartien und nach der Erfahrung in Bonito wäre das vermutlich keine gute Idee ;) Von Preis und Dauer mal abgesehen: Die Touren kosteten zwischen 500 - 800 Franken und dauerten 3-5 Tage. So suchte ich etwas Adäquateres und wurde mit dem Huayna Potosí fündig: zwei Tage, 90.-, 6088m, maximale Steigung 65 Grad. Der erste Tag bestand aus Anreise und Aufstieg vom Basecamp auf 4800m zum Highcamp auf 5150m, wo wir auch übernachteten. Im Ganzen nahmen sich an diesem Tag fast 20 Touristen vor, den Gipfel zu stürmen, die Mehrheit Franzosen, aber auch zwei weitere Schweizer. Meine Gruppe bestand aus den Deutschen Tim und Marco, dem Amerikaner Brandon und dem Führer Iban (ja, wie die IBAN-Nr., aber leider kannte er das Produkt nicht, existiert hier nicht ;)). Um um 17 Uhr gab es Abendessen, um 18:30 Uhr sollten wir zu Bett, da Tagwache bereits um 00:15 Uhr war. Es war eiskalt im Refugio: Der Schlafsack war auf -7 - Grad- ausgelegt, ich zog 4 Paar Socken an, zwei Thermohosen, drei Oberteile (Tshirt, langärmeliges Sweatshirt und Thermojacke), meine Kappe und fror trotzdem. Es gab also nicht wirklich etwas zu schlafen: die Kälte, eine zu volle Blase, sich bewegende und nonstop räuspernde Nachbarn, der am Haus rüttelnde Wind, eine eventuelle Überdosis an Mate-Tee am Nachmittag und die dünne Höhenluft hielten mich erfolgreich davon ab. Nach der Tagwache gabs ein kurzes Frühstücken, um 1:30 Uhr war Abmarsch. In der Seilschaft mit Steigeisen und Pickel kämpften wir uns durch Schnee und Eis - alles bei Stirnlampenlicht. Für mich war es der herausforderndste Berg soweit, körperlich sowie psychisch. Pro Schritt musste ich einmal ein- & ausatmen, wie in den Himalaya-Filmen, nur die O2-Maske fehlte... und wir sahen den ganzen Weg die weit entfernten Stirnlampen der ersten Gruppen, was mich eher dämpfte, lieber gehe ich voraus merkte ich. Am Strübsten war der Aufstieg in der 65er-Wand, es waren zwar nur ca. 30 Meter, aber mir kam es vor wie 300 Meter und 100 Grad! Am Eindrücklichsten war der Moment, als ich auf dem obersten Kamm ankam, auf einmal bis nach La Paz und Titicacasee sehen konnte und die letzten ca. 100 Meter buchstäbliche Gratwanderung (es fiel links und rechts wirklich praktisch senkrecht ab) zum Gipfel vor mir sah. Das Gefühl auf dem Gipfel war überwältigend! Nur der frostige Wind (meine Wasserflasche im Aussenfach des Rucksacks war komplett zugefroren) hielt uns davon ab, lange oben zu bleiben... wir kamen planmässig um 6:30 Uhr an, 10 Minuten vor Sonnenaufgang, doch es war leider zu wolkig :( Habe hier versucht, vom Gipfel etwas auf Video festzuhalten - sorry für die verwirrte (Aus)Sprache, muss am fehlenden Sauerstoff gelegen haben ;)

Der Abstieg verlief dann einfacher, obwohl die Abhänge bei Tageslicht noch angsteinflössender waren. Auf dem Weg trafen wir einen verunfallten peruanischen Skifahrer (er wollte scheinbar vom Gipfel runterdüsen, aber mit schlicht miserabler Ausrüstung und ohne Helm), er sah gar nicht gut aus - Verdacht auf schwere Kopf- und Oberkörperverletzung - und konnte sich nicht mehr bewegen... so spannten einige unserer Guides zusammen und trugen den Mann abwechslungsweise auf ihren Rücken zu Tal, von 5'950 bis 4'700 Meter! Helikopter existieren in dieser Höhe aufgrund Luftdichte keine. Der Peruaner scheint aber glücklicherweise überlebt zu haben, so die nachträglichen Berichte. Um 15 Uhr waren wir zurück in La Paz und ich suchte mir gleich eine Transportmöglichkeit nach Copacabana - nein, nicht der Strand in Rio ;) sondern das Copacabana am Titicacasee (es gibt noch 7 weitere Ortschaften im Land mit demselben Namen 🙈). Ich fand einen Minibus, 3 Franken für 3 Stunden fahrt, sogar vorne auf dem Beifahrersitz. Einziger Nachteil: der Chauffeur wollte den Bus richtig füllen, da bei planmässiger Abfahrt nur 8 von 14 Plätzen besetzt waren. So fuhr er durch die halbe Stadt, immer "Copacabanaaaaa" aus dem Fenster schreiend. Ich kriegte um ein Haar Krämpfe. Eine halbe Stunde später hatte er lediglich eine weitere Passagierin erbeuten können und gab endlich auf ;) In Copacabana angekommen ging ich direkt in ein Hostal und den fehlenden Schlaf nachholen. Zumindest hatte ich es vor, denn die Nacht verbrachte ich schlussendlich mehr im Badezimmer als im Bett :( wohl gewisse Nachwirkungen der Höhenbelastung, der Magen wollte sich in beide Richtungen von möglichst allem befreien. Zum Glück hatte ich die Notfallapotheke von Steffi und Henning dabei, das Riopan Magengel wirkte Wunder. Am nächsten Tag erholte ich mich zuerst etwas, genoss die geniale Aussicht auf den Titicacasee (mit 3800 M.ü.M. höchstgelegener und auch grösster - 16x Bodensee - Gebirgssee der Welt), das schöne Hostal inkl. Luxuszimmer und erkundete noch etwas das Örtchen - vor allem von oben, ich kanns nicht lassen auf die Hügel zu kraxeln 😇;) In der weissen Basilika befindet sich die "Dunkle Jungfrau". Sie wurde vor 500 Jahren von einem Indio geschnitzt und gilt als Schutzheilige des Titicacasees. An jedem Wochenende kommen hier Familien aus ganz Bolivien und Peru, um von einem Mönch oder Schamanen scheinbar ihre Autos segnen zu lassen.

Wieder bei Kräften wollte ich unbedingt die geschichtsträchtigen Inseln "Isla del Sol" und "Isla de la Luna" bewandern. Zuerst ging's mit dem Boot auf die Mondinsel:
Die Sage erzählt, dass sich die Insel formte, als sich eine Schlange der Isla del Sol näherte, ein Inka der Schlange mit einem Stein den Kopf abhackte, der Kopf so im See versank und der Körper sich zur Insel versteinerte. Im nördlichen Teil der Insel ist die blutende Wunde als roten Fels immer noch zu erkennen.
Die Insel gilt als Ort der Anbetung der Ehefrau der Sonne (Sonne = Mann, Mond = Frau).
Auf der Insel befindet sich eine der besterhaltenen Strukturen der Anden: Der Tempel der Jungfrauen. Auserwählte Jungfrauen kamen regelmässig in den Tempel, um anbeten zu lernen, das Garn zu teilen und sich weiterzuentwickeln.
Die Insel ist klein und gut begehbar, ein Schmuckstück im an diesem Tag meist tiefblauen See.
Im Anschluss setzte ich zur Isla del Sol über:
Die Legende erzählt, dass Viracocha - der bärtige Gott, der das Universum erschuf - aus dem Wasser des Titicacasees stieg und auf dieser Insel die Sonne erschuf. Einer der Söhne der Sonne - Manco Cápac - gilt als Gründer des Inka-Königreichs, weshalb die Insel heute immer noch als Wallfahrtsort der andinen Tradition gilt.
Die Insel ist einiges grösser als ihr Nachbar und bietet zahlreiche Verpflegungs- und Übernachtungsmöglichkeiten.
Leider war der nördliche Teil, wo sich die Inka-Stätten befinden, aufgrund eines Konflikts zwischen den nördlichen und südlichen Bevölkerungsgruppen geschlossen. Aber der begehbare Süden offenbarte für mich bereits einen grossen Teil der Mystik dieses Orts.
Nochmals leider: Unbedingt wollte ich einen Schwumm nehmen im Titicacasee - ich ging davon aus, die Wassertemperatur wird die einzige Hürde. Doch dann wurde mir mehrfach davon abgeraten, da der See massiv verschmutzt sei, vermutlich durch chemische Substanzen angrenzender Betriebe. Tatsächlich sah ich während der ganzen Zeit keinen einzigen Fisch im Wasser... und packte so die Badehose ungebraucht wieder ein.
Die Bilder dazu gibt es hier, im ersten Teil Isla de la Luna und - logischerweise;) - ab dem Willkommensschild Isla del Sol. Am Abend setzte ich mich dann bereichert und zufrieden müde in den Bus nach Cusco. Hasta muy pronto y un abrazo ☀️