Die Gastgeber unseres Abendessens als "Bekannte" zu bezeichnen war ein wenig dreist - wir hatten sie vorher noch nie getroffen ;) Daniela - die argentinische Frau von Gspändli Bruno aus der ALSO - hatte vor der Abreise den Kontakt zu ihrer Freundin Valeria hergestellt. Valeria war trotz Ferienvorbereitungsstress und einem - kurz vor unserem Besuch durch den unüblich starken Regenschütt verursachten - tropfenden Loch in der Decke so gutmütig, uns einzuladen. Sie und ihr Partner Michel verköstigten uns mit leckeren Empanadas, Salat, Gemüsequiche und Schoggikuchen mit Rahm... und umsorgten uns mit unzähligen Tipps für unsere bevorstehende Reise. Was für ein äusserst angenehmer und witziger Abend, unsere erste direkte Berührung mit den weltoffenen, europäisch geprägten 'porteños' (Name für die Stadtbewohner von BA) - mil gracias a todos que lo hicieron posible 🙏🏻
Auf dem Weg zu ihrer Wohnung haben wir den nördlichen Teil von Buenos Aires (Palermo, Retiro, Once) erkundigt, hier die Tagescollage zu allem:

Wir entschieden uns aus folgenden Gründen gegen den Abstecher nach Uruguay:
* Die Überfahrt mit der Fähre hätte sageundschreibe 100x (!!!) mehr gekostet als der Zug nach Tigre - 600 vs. 6 Pesos - 40 Franken vs. 40 Rappen ;)
* Für einen Tagesausflug gäbe es viel zu reisen
* Die Wetterprognose war wiederum schitter - Wind, Wolken & Regen
* Unsere neuen Bekannten rieten uns auch davon ab, da ihrer Meinung nach Tigre einiges charmanter sei
Wer weiss, vielleicht ergibt sich ja wieder Mal eine Möglichkeit, den uruguayischen Zollstempel zu holen ;)
So führte unser Weg am nächsten Tag auf Geheiss von Valeria und Michel nach Tigre - einem kleinen Städtchen zwischen Tourismus, Ferienort für mehr oder weniger vermögende Einheimische und Urwald im Delta des Rio Paraná, ca. 1h Zugstunde nordwestlich von BA. Als sich am späteren Nachmittag die Sonne doch noch zeigte, leisteten wir uns eine Boots-Rundfahrt durch das Delta, gut vorbehandelt mit Sonnencrème und Antibrumm 👌🏻

Ein Erlebnis waren die beiden Zugfahrten - ein blinder Solosänger mit gänsehaut-erzeugender Stimme, musizierende Familien und allerlei Verkäufer sorgten ununterbrochen für Unterhaltung. Amüsant war, dass die Verkäufer mit bestimmter, zuglärmübertönender Stimme unendlich lange Ansprachen hielten, es klang, als würden sie politische Propaganda betreiben... in Wahrheit versuchten sie jedoch Bleistifte, Kaugummis oder Haribos zu verkaufen! "Los que me conocen saben que mis productos son de la mejor qualidad,....". Leider habe ich mich nie wirklich gewagt, das Geschehen auf Video festzuhalten, mit einer etwas schäbigen Ausnahme 🙈
Zum Abschluss gönnten wir uns nochmals ein leckeres "bife de chorizo" con papas provencales im Restaurant 'Telmo Mio' (zu empfehlen!) und wohnten einem Salsatanzabend mit Liveband unter freiem Himmel mitten in San Telmo bei... mit beiwohnen ist zuschauen gemeint, nicht mittanzen ;) dazu stimulierte die Musik wohl noch zu wenig und mit der Aussicht auf eine kurze Nacht (Wecker für Fahrt an Flughafen programmiert auf 04:50 Uhr) machte sich bald Müdigkeit bemerkbar. Das kommt schon noch mit dem Salsa...
Die Tagwache verlief dann nicht ganz wunschgemäss, das iPhone fiel in eine Zeitzonenfalle und weckte uns erst 1h später, was zu immensen Adrenalinschüben führte und uns innert 5 Minuten vom Bett an den Strassenrand der Avenida de Independencia - in der Hoffnung dort auf ein Taxi zu treffen - fliegen liess. Geplant war eigentlich, bequem aus dem Bett heraus ein Uber zu ordern, da wie überall einiges günstiger als öffentliche Taxis... doch der schnellstmögliche Uber (ja, das Adrenalin liess mich sogar noch die App aufrufen) hätte 25 Minuten gebraucht, keine Option!
Aber die Hoffnung wurde erfüllt, das Taxi kam sogleich und brachte uns mit rasender Fahrt noch rechtzeitig an den Flughafen... que suerte 😅
Angekommen in Puerto Madryn durften wir erstmals die Sonne anbeten, ein traumhaft weitläufiger Strand lud zum barfüssigen Flanieren und Geniessen ein - Faktor 50 hat mich zuverlässig vor Schlimmerem bewahrt. Besuche am Bankomaten, im Supermercado (auch hier gibts Carrefour), ein paar Sportübungen am Strand und zNacht kochen im Hostal rundeten den Tag ab:

Am nächsten Morgen brachte uns der Autovermieter von Hertz pünktlich um 8 Uhr unseren Flitzer vor das Hostal. Eigentlich hätte die Übergabe bereits am Tag vorher am Flughafen stattfinden sollen, doch die hiesigen Algorithmen sind noch nicht gleichermassen auf Zuverlässigkeit getrimmt wie in Europa... trotz Buchungsbestätigung war leider kein Auto vor Ort ("lo siento, no tengo coche aqui"). Kein Problem, gute Übung - Flexibilität wird von mir noch oft gefordert sein in den nächsten Monaten ;) Geplagt von seinem schlechten Gewissen brachte er uns das Auto eben zum Haus, so wenigstens meine Interpretation.
So bereisten wir an dem Tag die Halbinsel Valdés, ein fantastisches Naturreservat mit Lamas (cuanacos), Gürteltieren (peludos), Pampahasen (maras), Seelöwen (tönen wie eine Schafherde;)) & -elefanten, Pinguinkolonien, Delfinen und unzähligen weiteren Tieren. Höhepunkt sind die Buckelwale und Orcas - welche notabene an den Strand ufern, um kleine Seelöwen zu verspeisen - so sagen es zumindest die Prospekte. Wir haben leider nur versteckte Orcas gesehen, es ist auch nicht die optimalste Jahreszeit, zugegeben.
Auf der Reise haben wir ein Autostöppler-Päärli - Irene (Italienerin) und Tomas (Franzose) - aufgelesen, welche vor einer Woche ihre einjährige Weltreise begonnen und uns schlussendlich 11 Stunden begleitet haben. Im Auto war somit immer viel los - dieser Song lief zufällig im Radio, kurz nachdem Tomas und ich uns über unsere Musikvorlieben Ende der 90er-Jahre austauschten ;)

Den letzten Tag rundum Puerto Madryn verbrachten wir nochmals mit dem Auto, an prächtigen Orten wie Punta Loma oder der Playa Doradilla. Im Verlauf des Tages kam zünftig Wind auf (überhaupt windete es immer ziemlich stark, ist ein beliebter Kite-Surf-Spot), daher die Fönfrisen. Gegen Abend sah es dann so aus. Trotzdem war es immer noch angenehm warm und wir konnten uns vorwärmen für den kühleren Süden in Patagonien:

Heute ist Reisetag, via Feuerland gehts nach El Calafate... daher hatte ich auch viel Zeit und es kam einiges an Text zusammen 😬 Danke, wenn ihr bis hierhin durchgehalten habt 👏🏻
un saludo del aeropuerto al fin del mundo (in Ushuaia - offiziell die südlichste Stadt der Welt - hatten wir 2 Stunden Aufenthalt und damit die Möglichkeit, den Flughafen kurz zu verlassen):
